Donnerstag, 18 Dezember 2025

Dreimal "rot-weiß" für Bonner Urgesteine

Verleihung des sechsten Dan für Toni Riquier und Abrao Dias sowie des siebten Dan für Kai-Uwe Windeck.

Ob es das schon einmal gegeben hat? Gleich drei Judoka aus einem Kreis wurden vom Ehrenrat des DJB in einem Jahr mit dem 6. bzw. 7. Dan ausgezeichnet. Ein solches Ereignis muss natürlich in einem entsprechend würdigen Rahmen gefeiert werden. Und was könnte passender sein, als die Bonner Stadtmeisterschaft, mit der alle drei tief verwurzelt sind.

Zum Kontext: Zahlreiche Judoka, die in Bonner Vereinen als Kinder mit dem Judo begonnen haben, konnten seit den 1980er Jahren bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie bei olympischen Spielen nicht nur teilnehmen, sondern dort auch Medaillen gewinnen. Als Trainer wurden einige von ihnen Landes- und sogar Bundestrainer oder bilden bis heute im Auftrag des NWJV Trainer aus. Das alles ist nicht vom Himmel gefallen, sondern ist das Ergebnis jahrzehntelangen Engagements vor Ort! So unterschiedlich die Biografien von Toni Riquier, Abrao Dias und Kai-Uwe Windeck auch sind: ihnen gemeinsam ist, dass sie sich ganz konkret auf der örtlichen Ebene große Verdienste erworben haben und erheblich zu diesen Erfolgen beigetragen haben.

Der mittlerweile 86-jährige Toni Riquier hat zum Beispiel im Dezember 1960 zusammen mit seiner Frau Rosi den Beueler Judo-Club e.V. gegründet und gehörte zur ersten Generation erfolgreicher Bonner Judoka, die Judo in die Breite getragen und durch intensive Lehrarbeit den Grundstock für spätere Erfolge legten. Als Vereinstrainer und Kreisjugendleiter formte er zunächst Mitte/Ende der 1970er Jahre eine der stärksten männlichen Jugendmannschaften in Deutschland mit zahlreichen Medaillengewinnern bei deutschen Meisterschaften. Anfang der 1980er Jahre führte er die Mädchenmannschaft der Kampfgemeinschaft Godesberger JC und PSV Bonn zum Gewinn der deutschen Mannschaftsmeisterschaft. In beiden Mannschaften kämpften Judoka, die bis heute nachhaltig in Vereinen und Verbänden aktiv sind. in den Jahrzehnten danach leitete er die Judo-Abteilung des PSV Bonn und etablierte die kreisoffenen Stadtmeisterschaften als lokales Großereignis für den Breitensport. Toni Riquier war zudem später auch noch als Wettkämpfer bei den Veteranen erfolgreich. Auf Weltmeisterschaften erkämpfte er mehrere Medaillen und wurde 2011 nach einem Finalsieg über den japanischen Vertreter sogar Weltmeister in seiner Altersklasse. Ohne ihn wären viele Entwicklungen im Bonner Judo völlig unmöglich gewesen.

Die "zweite" Generation der unter anderem von Toni ausgebildeten Bonner Judoka sorgte in den 1980er und 1990er Jahren für ein starkes Mitgliederwachstum der Bonner Vereine, wodurch es einigen Vereinen möglich wurde, hauptberufliche Trainer anzustellen. Einer von diesen ist Abrao Dias, der im Jahr 1988 für sein Geburtsland Angola an den olympischen Spielen in Seoul teilgenommen hatte. Nach den Spielen kehrte er aber nicht in sein von einem Bürgerkrieg, von dem auch seine Familie unmittelbar betroffen war, zurück. In Bonn suchte er seine neue Heimat, betrieb so gut es ging einige Jahre weiter Judo, bis er schließlich im Beueler-Judo Club e.V. eine feste Anstellung als Trainer antreten konnte. Außer im Verein engagiert er sich als Trainer des Bonner Talentzentrums auch für den Nachwuchs anderer Vereine und war auch als Kampfrichter bis Landesebene aktiv.

Nachdem er alle Trainerlizenzen erworben hatte, studierte Abrao noch berufsbegleitend an der Trainerakademie in Köln und schloss diese als Diplom-Trainer ab. Seine Diplomarbeit schrieb er übrigens über die Bodenkampfstrategie einer weiteren Bonner Judo-Legende, nämlich Andreas Tölzer, der im JC Swisttal mit dem Judo begann.

Die Geschichte von Abrao Dias ist - auch das muss erwähnt werden - ein leuchtendes Beispiel für die Integrationskraft des Judo bei der Aufnahme von Zuwanderern. Gerade die Bonner Vereine haben sich hier stark engagiert und unter anderem mit Claudiu Pusa, Catalin Petre, Florin Petrehele und Kamen Kasabov äußerst erfolgreichen Trainern den Einstieg in den Trainerberuf ermöglicht.

Etwas anders gelagert - aber nicht weniger bedeutsam - ist der Beitrag von Kai-Uwe Windeck, der für viele Bonner Judoka der Hauptrepräsentant des NWJV vor Ort ist. Kai-Uwe sorgt als Multi-Funktionär - er ist derzeit Kreis- und Bezirksjugendleiter sowie Kreiskampfrichterobmann - seit über drei Jahrzehnten(!) für eine reibungslose Organisation aller Wettkämpfe und Turniere nicht nur im Bonner Kreis. Die Bedeutung dieser Arbeit für die Entwicklung des Judo wird häufig übersehen, kann aber gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, denn Kinder und Jugendliche brauchen niederschwellige, ortsnahe und gut organisierte Wettkämpfe, um Erfahrung zu sammeln auf denen später aufgebaut werden kann.

Kai-Uwe hat diese wichtige Hintergrundarbeit bereits ab den 1980er Jahren begonnen, als er seinem Vater - ebenfalls Kreis- und Bezirksjugendleiter - zur Seite stand und auf seinem ersten Computer ein Listenführungsprogramm entwickelte, das später bei Großveranstaltungen wie den Internationalen Deutschen Meisterschaften 1997 bis 2001 der Männer und Frauen oder bei Großturnieren wie dem früheren "Marzipanturnier" zum Einsatz kam. Als Wettkämpfer war er nebenbei bemerkt in allen Altersklassen Mitglied des Landeskaders und Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Dreizehn Jahre, nachdem der DJB-Ehrenrat ihm den 6. Dan verliehen hatte, konnte die Bonner Judogemeinschaft Kai-Uwe nun zum 7. Dan gratulieren.

Die Bonner Judoka gratulieren ihren Geehrten und wünschen Ihnen noch lange Jahre im und mit Judo. Und es sollen nicht die letzten Bonner Judoka gewesen sein, deren besondere Leistungen angemessen gewürdigt werden sollen.

Bild vordere Reihe von links nach rechts: Norman Lohrey (KDV Bonn), Heidi Theis (PSV Bonn), Toni Riquier, Kai-Uwe Windeck, Abrao Dias, Wilfried Marx (NWDK-Präsident)